Weltmeisterschaft in Kurzsichtigkeit:

SPD-CDU-FDP-Mehrheit kippt Detmolder Baumschutzsatzung

Schon immer dagegen: FDP und CDU stimmen für Abschaffung der Baumschutzsatzung .

Detmold gegen den Trend - andere Städte pflanzen Bäume

 

g.WaSa     -     Detmold     - Die deutschen Handballer sind Europameister – Glückwunsch! Und der Rat der Stadt Detmold bewirbt sich um die Weltmeisterschaft in Kurzsichtigkeit, indem er am Donnerstagabend (18.02.2016) die Baumschutzsatzung abschafft. Am selben Nachmittag hatte der WDR3 gemeldet: Der letzte Monat war der wärmste Januar seit Beginn der Klimaaufzeichnungen; die letzten neun Monate brachten Temperaturrekorde; am Klimawandel ist nicht mehr zu zweifeln. Seit einigen Jahren appellieren der Deutsche Städtebund und andere kommunale Spitzenverbände an die Gemeinden,  innerstädtisches Grün zu erhalten und zu vermehren, da Bäume nun einmal das beste Mittel gegen den klimawandel-bedingten Hitzestress in den Innenstädten sind (s. u.).

 

Entsprechend bemühen sich weltweit Städte, neue Bäume anzupflanzen – mit einem enormen finanziellen Aufwand und oft mit Hilfe von Bürger-Spenden. - Nur drei Beispiele von Städten verschiedener Größenklassen: 

 

  • Solingen: „100 Bäume als Beitrag für ein gesundes Stadtklima“ 
  • Berlin: „10.000 neue Bäume für Berlins Straßen. Gehen wir es Jan!“
  • New York, wo die Initiative „MTNYC (= Million Trees New York City“) bereits stolz verkündet: „1.000.000 Bäume gepflanzt – Wir haben’s geschafft! (1 000 000 Trees planted -  We did it!)“ 

 

Gleichzeitig schafft die Mehrheit im Detmolder Stadtrat den über Jahrzehnte bewährte Baumschutzsatzung ab und gibt damit den in Jahrhunderten gewachsenen artenreichen Baumbestand in der Stadt zum Abholzen frei!

 

Und das mit teilweise kabarettreifen Argumenten! 

 

        ==> Schlaglichter aus der Ratssitzung

  

 

Vom Wert der Stadtbäume

Dabei haben doch all diese Städte in Deutschland und aller Welt gute Gründe für ihre aufwendigen Pflanzaktionen. Die wichtigsten dieser Gründe hätten die Damen und Herren Ratsmitglieder auf der Baumschutzseite der Stadt Detmold nachlesen können:  

 

  • Bäume verleihen einer Stadt Charakter,
  • sie bringen Natur in die Siedlung,
  • beleben  und gliedern das Straßenbild,
  • verhelfen zu Ruhe und Erholung im Wohnumfeld;
  • sie sind Lebensraumund und Nahrungsquelle für zahlreiche Kleintiere wie Vögel, Hummeln oder Käfer … 

 

(Diese Seite wurde inzwischen entfernt - aber die wesentlichen Inhalte können Sie unter "Mein Freund der Baum" auf der Seite der "Baumfreunde Detmold" nachlesen.)

 

Feinstaub und Schadstoffe: Bäume als Luftfilter

Vor allem sind Bäume hocheffiziente und billige Luftreiniger! Im Gegensatz zu vielen anderen Städten hatte Detmold bisher noch keine ernsthaften Probleme mit Feinstaub.

 

Haben Sie sich schon einmal überlegt“, möchte man die Detmolder Ratsmitglieder fragen, „ob das nicht auch den Bäumen in der Innenstadt zu verdanken ist?“ Eine Buche von 12 Metern Kronendurchmesser hat über eine halbe Million Blätter mit einer Gesamtfläche von mehr als 1000 Quadratmetern. An einem Tag wird dieses Laub von bis zu 36.000 Kubikmeter Luft durchströmt – samt den darin enthaltenen Bakterien, Sporen, Stäuben und sonstigen Schadstoffen, die zu einem großen Teil von den Blättern aufgenommen werden.  So hat die University of Southampton ermittelt, dass in der Metropolregion London allein an Feinstäuben jährlich 2100 Tonnen durch Bäume ausgefiltert werden und empfiehlt, dass die geplanten Neupflanzungen (!) „möglichst nah an den Verschmutzungsherden wie Hauptstraßen stehen“ sollten.

 

Die GALK (= Gartenamtsleiterkonferenz) zitiert ähnliche Beispiele aus Deutschland, wonach zum Beispiel in Frankfurt „in Straßen ohne Baumbestand die  Staubbelastung bis zu 6 mal höher war als in Baum bestandenen Straßen“ – kein Wunder, dass die GALK (also sozusagen der konzentrierte Sachverstand in Sachen Stadtgrün) „die Städte und Gemeinden (auf)fordert, Grünflächen und Baumpflanzungen dauerhaft zu sichern und gezielt weiterzuentwickeln“.

 

Bäume speichern CO2 und bremsen so den Klimawandel

Bäume spielen zudem eine Schlüsselrolle im bereits ablaufenden Klimawandel - in zweierlei Hinsicht: .

 

Zum einen sind Bäume die effektivsten Kohlendioxidspeicher, die wir bis heute kennen: ungefähr 10 Kilo CO2 nimmt ein ausgewachsener Baum pro Jahr auf; zwischen ein und zwei Tonnen hat er in seinem Holz gespeichert und damit aus dem klimaverändernden CO2–Kreislauf herausgenommen (==> Bäume schützen Klima ).

 

Bäume mildern Folgen des Klimawandels

 

Und damit nicht genug: Es sind gerade Stadtbäume, die helfen, die Folgen des Klimawandels erträglich zu machen.

 

Insbesondere kommunale Dachorganisationen wie Städtetag und Städte- und Gemeindebund machen sich seit mehreren Jahren ernsthafte Sorgen um den ganz besonderen Klimawandel in den Städten: die sommerliche Aufheizung der  Innenstädte, die nicht nur zu erheblichen Einbußen an der Aufenthaltsqualität führt, sondern auch gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit und die Sterblichkeit der Stadtbewohner hat. Im Klimabeirat der Stadt Detmold wurden entsprechende Untersuchungen bereits ausführlich vorgestellt. Zitiert wurden Presseberichte über Tausende „Hitzetote“ während der Hitzewelle im Sommer 2003 sowie wissenschaftliche Untersuchungen über den Zusammenhang von Temperatur und Mortalität.

 

Dabei ist unbestritten, dass es gerade Stadtbäume sind, die derartige Klimaextreme ausgleichen und abmildern: Durch Schattenwirkung und vor allem durch Verdunstung senken Bäume die Hitzespitzen: im Sommer verdunstet ein Baum bis zu 400 Liter Wasser in der Stunde,  lindert so das unnatürlich trockene  Stadtklima und bringt an heißen Tagen Kühle und Schatten in den Wohnbereich. Dass er damit gleichzeitig zu einem ausgeglichenen Wasserhaushalt beiträgt, ist ein zusätzlicher Vorteil.

 

So ist die Empfehlung, den Baumbestand in der Stadt zu erhalten und auszuweiten, schon seit einigen Jahren selbstverständlicher und zentraler Bestandteil von zahlreichen Veröffentlichungen von Kommunalverbänden zur Anpassung an den Klimawandel. In seinem „Positionspapier Klimawandel“ vom 20.06.2012 widmet der Deutsche Städtetag dem „Stadtgrün“ ein eigenes Kapitel mit der zentralen Aussage:

 

„Der innerstädtische Baumbestand sollte nachhaltig gesichert und weiterentwickelt werden“.

 

 

Aber die Mehrheit der Detmolder Kommunalpolitiker ignoriert die Appelle der eigenen Spitzenverbände ebenso souverän, wie er alle Mahnungen in den Wind geschlagen hat, die vor Ort für die Erhaltung und die Vermehrung von Stadtbäumen plädierten – vom Lippischen Heimatbund, BUND, NABU oder Klimaforum bis hin zum eigenen städtischen Klimabeirat, der vor einiger Zeit in einer umfassenden Position zur „Anpassung an den Klimawandel“ an zentraler Stelle gefordert hatte: „Stadtgrün erhalten“!