Der große Irrsinn und die kleine Hoffnung

Der Homo sapiens und seine Plastiktüte

 

g.WaSa     -     Gibt es tatsächlich (mit-)denkende Zeitgenossen, die immer noch glauben, dass wir der Spezies „Homo sapiens“ angehören? Also der Gattung des – je nach Übersetzung – „wissenden“, „verständigen“, „vernünftigen“, „klugen“ oder gar „weisen Menschen“?!  Wie könnten wir dann sehenden Auges (und denkenden Kopfes) unseren Lebensraum dermaßen zerstören?

 

Vor allem der menschengemachte Klimawandel liefert genügend Beispiele für die Absurdität unseres Verhaltens: Die Umweltschädlichkeit in Allgemeinen und Klimaschädlichkeit im Besonderen unserer Autos ist hinlänglich bekannt – und immer noch fährt der „vernünftige Mensch“ mit dem SUV zum Brötchenholen, lässt auf dem Bäckereiparkplatz minutenlang den Motor laufen und schimpft dabei gerne über die unverschämt-hohen Spritpreise. Der „wissende Mensch“ weiß um die Gefahr für Inselrepubliken, vom Meeresspiegelanstieg hinweggeschwemmt zu werden, fliegt aber weiter fröhlich zum Kegelwochenende nach Mallorca. Und wenn die allgemeine Erwärmung in den Alpen für schneearme Winter sorgt, so baut und betreibt der „verständige Mensch“ mit hohem Energieaufwand Skihallen im Ruhrgebiet.

 

Ein weiteres Beispiel für unseren „weisen Wahnsinn“: die Plastiktüte!  Ungefähr im Jahr 1980 wurde erstmals „Jute statt Plastik“ propagiert – und mindestens seit damals gilt die Plastiktüte als das Symbol für unseren bequem-leichtfertigen Umgang mit unseren (unseren?) Ressourcen, mit unserer Umwelt. Das ist jetzt 35 Jahre her – und wie klug sind wir seither geworden?

 

Trotz grünem Punkt, gelbem Sack oder Wertstofftonne, ungeachet  zahlloser Recycling-Kampagnen: ein erheblicher Teil unseres alltäglichen Plastikverbrauchs landet in der Umwelt. Das gilt vor allem für Kunststoffverpackungen und hier nicht zuletzt für die Plastiktüte:

 

Täglich zu Tausenden ausgegeben sind die Tüten durchschnittlich 25 Minuten im Gebrauch und benötigen dann 350 – 400 Jahre, bis sie sich zersetzt haben. Bis dahin werden sie vom Winde verweht, landen im Gebüsch, im Straßengraben, im Wald – selbst im Weltall konnte ein Astronaut aus der Raumfähre Atlantis heraus eine schwebende Plastiktüte auf ihrer Kreisbahn rund um die Erde fotografieren.

 

Die meisten landen aber irgendwann in einem Bach und werden letzten Endes ins Meer geschwemmt – 7 Millionen Tonnen Plastikmüll sind es insgesamt pro Jahr. Die Folgen sind verheerend – wie jetzt eine sehenswerte Ausstellung im Detmolder Rathaus zeigt.

 

Aber all diese Folgen (bis hin zur Anreicherung von Plastikgrus, von Weichmachern und anderen Giften in unserer Nahrungskette) scheinen uns nicht weiter zu jucken:  nach wie vor lässt sich der Durchschnittsdeutsche jedes Jahr 70 Plastiktüten geben. In Detmold summieren die sich auf gut 5 Millionen pro Jahr; in ganz Deutschland sind es 5 Milliarden. Soll es uns trösten, dass andere Nationen noch viel verschwenderischer sind?

 

Irrsinn!    Oder?

Hoffnungsloser Irrsinn!    Oder nicht?

 

Vor einigen Jahren bereits hat die Klimaschutzmanagerin der Stadt Detmold eine Anti-Plastiktüten-Aktion ins Leben gerufen:

 

KEIN PLASTIK MEHR

KEIN PLASTIK-MEER

 

Seit mehreren Jahren unterstützen Schülerinnen und Schüler (und – nicht zu vergessen: Lehrerinnen und Lehrer) des Grabbe-Gymnasium diesen Kampf gegen die Plastikvermüllung von Umwelt und Weltmeeren – ganz nach den beliebten Umweltschützer-Motti „Global denken – lokal handeln“ oder „Es gibt nichts Gutes – außer man tut es“. Die erwähnte Ausstellung im Detmolder Rathaus ist ein Teil dieses Kampfes – und zieht auch eine Bilanz:

 

Durch die eifrig verteilten Stofftaschen mögen in Detmold tatsächlich einige Tausend Plastiktüten eingespart worden sein – aber nach wie vor ergießen sich ganze Plastikfluten in unsere Umwelt, unsere Bäche, letztlich in unsere (unsere?) Meere.

 

Sind derartige Aktionen also nur erste Schritte auf einer erfolgreichen Reise zu einer besseren Welt? – Oder helfen sie nur den Politikern, die ihr eigenes Nichtstun damit rechtfertigen, dass sie von der „Eigenverantwortung jedes Einzelnen“, gar von einer „Macht der Verbraucher“ schwafeln? Wobei sie aus Erfahrung wissen müssten, dass „der Einzelne“ eben nicht verantwortlich, schon gar nicht gesamtgesellschaftlich verantwortlich handelt, sondern gesteuert wird von Bequemlichkeit, Eigennutz und Vergnügungssucht.  Und dagegen kommt kein Appell an! Dagegen richtet kein Vernunftgrund etwas aus! Da helfen nur knallharte strikte Regelungen. Andere Länder sind da längst weiter als wir: in Frankreich und Italien sind Plastiktüten verboten, in Irland wird jede Plastiktüte mit 0,15 Euro Steuer belastet (Folge: ein Rückgang um 90 %) (nach Wikipedia). In Deutschland wartet man gelassen auf eine EU-Regelung ....

 

Jetzt haben sogar die „G7“, die Staats- und Regierungschefs von sieben großen Industriestaaten auch das Thema „Schutz der Meere vor Vermüllung“ auf die Tagesordnung ihres diesjährigen Treffens im bayerischen Luxushotel Schloss Elmau gesetzt  – neben Klimaschutz, Entwicklungshilfe und anderen globalen Problemen –

Hehres Ziel von Angela Merkel, Barack Obama und Kollegen: den Verbrauch von Plastiktüten verringern!

 

Ob daraus was wird? Die Hoffnung stirbt zuletzt ....