Bankier und Erster Theaterfreund

Ein Gespräch mit Jürgen Wannhoff, 

dem Vorsitzenden der Detmolder „Theaterfreunde“

Jürgen Wannhoff ist im Hauptberuf Vizepräsident des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe. Und seit einigen Jahren leitet er mit Engagement und Leidenschaft als 1. Vorsitzender den Förderverein des Landestheaters Detmold: die „Theaterfreunde – Verein zur Förderung des Landestheaters e.V.

 

 

g.WaSa (WS):    Herr Wannhoff, kürzlich hat die Jahresmitgliederversammlung der „Theaterfreunde“ Sie und Ihr gesamtes Vorstandsteam einstimmig wiedergewählt. In der Politik wäre so ein Ergebnis fast schon ein bisschen peinlich ...

 

Jürgen Wannhoff  (JW):    Meine Mitstreiter und ich haben die Abstimmung jedenfalls als Vertrauensbeweis empfunden.
 

WS:    Und ich darf Ihnen zur Wiederwahl gratulieren und Ihnen allen auch weiterhin viel Erfolg für Ihre Arbeit wünschen

 

Zum ersten Mal wurden Sie ja schon relativ kurz, nachdem Sie Ihre damalige Stelle als Leiter der Sparkasse Detmold angetreten hatten, zum Vorsitzenden der „Theaterfreunde“ gewählt. – Wie kommt man als Bankier zum Theater?

 

JW:     Kunst und Kultur bin ich schon seit langem verbunden, Erfahrungen im Ehrenamt hatte ich auch. Ein Theater von solch hoher Qualität und überregionaler Wahrnehmung ist nicht selbstverständlich für Detmold. Dafür etwas tun zu können, ist eine echte Bereicherung!

 

 

Landestheater Detmold: "Mammon zieht blank"

WS:    Die letzte Premiere dieser Spielzeit, „Mammon zieht blank“, war angekündigt als „Lustspiel über Geld und andere Scharfmacher“. Beim Pressegespräch gab’s eine kleine Auseinandersetzung zwischen dem Dramaturgen Dr. Katzschmann: „Ein Aufklärungsstück“ und dem Verfasser Dr. Eckoldt: „Nein! Ein Lustspiel!

Was hatten Sie als „Geld-Profi“ für einen Eindruck: werden da Erkenntnisse über das Finanzwesen vermittelt, oder ist das einfach ein Stück Unterhaltung, das mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun hat?

 

JW:     Das Stück hat alles geboten! Unterhaltung und gute Aufklärung, wie das Finanzwesen in der „Wirklichkeit“ funktioniert - grandios und wunderbar ironisch. Das Stück rückt sehr schön das Geld als einen stabilen, aber auch instabilen Grund unserer Konsumentenexistenz in den Mittelpunkt. 

 

WS:    Was ist Ihr Anliegen als „oberster Theaterfreund“, was wollen Sie erreichen?

 

JW:     Die anhaltende Finanzkrise wird die öffentliche Hand zwingen, weiter zu sparen. Das ist in vielen Fällen unumgänglich! Falsch wäre es aber, in erster Linie bei Kunst, Bildung und Wissenschaft den Rotstift anzusetzen. Theater und Kunst als wichtiges soziales Fundament zu erhalten und auszubauen, ist mein zentrales Anliegen. 

Wagners "Ring" - das wohl ehrgeizigste Projekt des Landestheaters seit langem - unterstützt von den "Theaterfreunden"

 

WS:    Das wichtigste Projekt in Ihrer bisherigen Zeit als Vorsitzender?

 

JW:     Als Verein können wir mit einigem Stolz auf die hohe Beachtung der Inszenierungen zu Wagners „Ring des Nibelungen“ blicken. Diese große künstlerische und logistische Leistung fand weit über die Grenzen Lippes hinaus hohe Anerkennung.  Mit dem „Ring“ konnte der künstlerische Stellenwert des Hauses gehoben und die Identifikation der Region mit dem Landestheater ausgebaut werden. Dies spiegelt sich u.a. in der Zusammenarbeit mit Agenturen und bei Neuverpflichtungen von Künstlern wider. 120.000 Euro sind übrigens unsererseits in dieses Projekt geflossen.

 

WS:    Der größte Erfolg (des Vereins und / oder Ihr persönlicher) während Ihrer bisherigen Amtszeit?

 

JW:     Jetzt kann ich mich nur wiederholen: Das war natürlich Wagners „Ring des Nibelungen“. Besonders stolz bin ich aber auch darauf, dass wir die Jugendarbeit des Theaters sehr intensiv und kontinuierlich fördern. Die vor einigen Jahren gegründete eigene Spielstätte „Kaschlupp“ ist ein besonders wertvoller Teil zeitgemäßer Theaterarbeit. Hier werden mit Unterstützung qualifizierter und exzellent ausgebildeter  Theaterpädagogen Jugendliche in Theaterproduktionen eingebunden. Der begeisternden Aktivität dieser jungen Schauspieler gilt das besondere Augenmerk des Fördervereins.

 

WS:    Gab’s auch eine größte Niederlage?

 

JW:     Eine Niederlage wäre es gewesen, wenn die Rechtsträger – trotz der großen Erfolge – nicht zu ihrem Theater stehen würden. Aber das Gegenteil ist der Fall. Sie haben ihre kontinuierliche Förderung in Höhe von rund 6 Mio. € jährlich bis zur Theatersaison 2017/2018 fest zugesagt. Das sind immerhin rund 30% des Gesamtetats von rund 20 Mio. €. Im Namen aller Theaterfreunde möchte ich dem Kreis Lippe, der Stadt Detmold, dem Landesverband Lippe, dem Kreis Paderborn, der Stadt Paderborn und der Stadt Bad Oeyenhausen herzlich danken!

WS:    Neben der verdienstvollen Förderung der Jugendarbeit unterstützen die Theaterfreunde das Landestheater insbesondere auch dadurch, dass einzelne Produktionen durch teilweise beträchtliche Zuschüsse mitfinanziert werden. Sie nennen das „Leuchtturmprojekte“. – In den letzten Jahren waren das vor allem der „Ring“ (den Sie, wie Sie sagten, mit 120.000 Euro gefördert haben) und die „West Side Story“.  Nun können Wagner-Opern geradezu als „die“ Veranstaltungen für „das Establishment“ gelten; und die „West Side Story“ ist zwar (nicht nur nach meinem Dafürhalten) das beste aller Musicals, allerdings – eben deshalb – auch „etabliert“ und an sich schon ein „Kassenschlager“. – Sollte es wirklich Aufgabe der „Theaterfreunde“ sein, derartige Klassiker noch zu fördern? Wäre es nicht wichtiger und sinnvoller, innovative, riskante Produktionen zu unterstützen, die dringend auf Starthilfe angewiesen sind? – Mit anderen Worten: sollte man die Finanzierung der behäbigen „Leuchttürme“ nicht den öffentlichen Trägern überlassen und als Theaterfreunde lieber das kreative, brillante „Feuerwerk“ unterstützen?

 

JW:     Wir engagieren uns nicht einseitig. Nach dem „Ring“ haben wir uns bewusst für „West Side Story“ entschieden. Die Theaterfreunde hatten nach dem "schweren Wagner" einfach mal wieder Lust auf ein Musical. Über die Auswahl der zu fördernden Produktionen kann man natürlich trefflich streiten. Aber unsere Schwerpunktsetzung auf „Leuchttürme“ und Jugendarbeit, wo es übrigens oft sehr experimentell zugeht, findet breite Zustimmung bei den Mitgliedern.

 

WS:    Da habe ich – als eines der Mitglieder – es bei der letzten Jahresversammlung bedauert, dass Sie zwar angekündigt haben: „Wir planen wieder die Finanzierung eines Leuchtturmprojekts“, dass Sie allerdings noch nicht verraten wollten, welches – da erst die Tagung des Aufsichtsrats abzuwarten sei.

 

JW:     Wir sind eben nicht die einzigen, die ihren Beitrag zu einem „Leuchtturmprojekt“ leisten – auch die Theaterträger und weitere Sponsoren – in diesem Falle die Sparkasse Paderborn-Detmold – haben ein Wörtchen mitzureden. Bevor nicht alles in trockenen Tüchern ist, können wir deshalb nicht vorpreschen, so gern wir es getan hätten.

 

WS:    Haben die „Theaterfreunde“ – über das Instrument der finanziellen Förderung hinaus – Möglichkeiten, an der künstlerischen Entwicklung des Theaters mitzuwirken? Konkret zum Beispiel: Einfluss auf den Spielplan zu nehmen? Und wenn ja: Wie muss man sich das praktisch vorstellen?

 

JW:     Der Vorstand der Theaterfreunde versteht sich als „Sprachrohr“ der Vereinsmitglieder und in regelmäßigen Treffen mit der Theaterleitung wird uns schon die Möglichkeit gegeben, einen intensiven Dialog zu pflegen. Und eben auch mehr zu erfahren und hinter die Kulissen zu schauen. Natürlich scheuen wir uns nicht, in diesen Gesprächen Position zu beziehen, wenn es uns wichtig erscheint. Zum Bespiel haben wir sehr dafür geworben, nach dem großen Ringzyklus wieder ein populäres Musical in das Programm zu nehmen. Was mit West Side Story ja auch gelungen ist. Allerdings nehmen wir keinen direkten Einfluss auf Stilrichtung, Themenwahl, Spielplanauswahl. Das ist Sache der Theaterleitung, vor allem des Intendanten.

 

WS:    Als langjähriges Mitglied der „Theaterfreunde“ weiß ich den – in den letzten Jahren deutlich verbesserten – Informationsfluss vom Vorstand zu den Mitgliedern (Rundschreiben, Internet) durchaus zu schätzen. – Aber wie sieht es umgekehrt aus? Welche Möglichkeiten hat man als „einfaches“ Mitglied, am Entscheidungsprozess mitzuwirken? Gibt es aktive Bemühungen des Vorstandes, die Mitglieder stärker einzubeziehen?

 

JW:     Wir versuchen ständig, die Kommunikation zwischen Vorstand und Mitgliedern zu verbessern, zuletzt durch eine deutliche Aufwertung unserer Homepage. Grundsätzlich bleibt es jedem Mitglied unbenommen, einem der Vorstandsmitglieder eine E-Mail mit Meinungsäußerungen oder Anmerkungen zu schicken. Und natürlich kann jeder Anträge für die Mitgliederversammlung stellen oder sich dort persönlich zu Wort melden. Das Vereinsrecht und die Tatsache, dass alle Vorstandsmitglieder ehrenamtlich tätig sind, setzen natürlich auch gewisse Grenzen.

 

WS:      Es folgt unser „Standard-Fragebogen“, mit dessen Hilfe wir unsere Gesprächspartner als „Menschen wie du und ich“ vorstellen, vor allem aber auch in unserer kulturellen Umwelt verorten wollen:

 

Zunächst ein paar alltägliche persönliche Vorlieben:     Bier oder Wein?

 

JW:  Gerne Wein, am liebsten aus der Pfalz … Weingut Christmann in Gimmeldingen. Tolle Weißweine!

 

WS:      Kaffee oder Tee?

JW:  Kaffee, aber gerne einen Caffè Latte.

 

WS:      Sonntagabend im Fernsehen: „Tatort“ oder „Pilcher“?

JW:  Weder noch. Der Sonntagabend gehört der Familie und wir gehen gerne Essen.

 

WS:      Regionale oder  inter­nationale Küche?

JW:  Gerne Pickert, aber auch italienische Pasta.

 

WS:    Porsche oder Fahrrad?

JW:  Kommt darauf an. Auf unserer Lieblingsinsel Föhr immer mit dem Fahrrad. Porsche nie – bin kein Fan schneller Autos.

 

WS:      Großstadt oder Land?

JW:  Großstadt ist spannend, aber wir leben lieber auf dem „Lande“.

 

WS:      Ihr Lieblings-Roman/ Ihre Lieblings-Romane?:

JW:  "Die Entdeckung des Himmels" von Harry Mulisch ist mein absoluter Favorit. Ein Buch mit der sehr schrägen Grundidee, dass Gott von seiner Schöpfung enttäuscht ist und seine Steintafeln mit den 10 Geboten wiederhaben will, was aber ein äußerst schwieriges Unterfangen darstellt. Aber auch der der lehrreichen Öko-Thriller "Der Schwarm" von Frank Schätzing ist großartig. Dann ist man ja geradezu froh, dass es so schlimm nun doch noch nicht ist.

 

WS:      Lieblings-Gedicht(e)?

JW:  Als großer Fan der Lyrik von Heinz Erhardt, kann ich seine  Gedichte nur jedem Freund der heiteren Poesie ans Herz legen.

 

WS:      liebste Musik?

JW:  Ich mag sehr den Berliner Liedermacher und Chansonnier Klaus Hoffmann.

 

WS:      liebster bildender Künstler?

JW:  Gerhard Richter, der erfolgreichste Maler der Gegenwart, der gerne als „Picasso des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet wird.

 

WS:      Lieblings-Film?

JW:  Der mit dem Wolf tanzt“ von Kevin Kostner, nach dem Buch von Michael Blake. Der Film hat mich wegen der Naturaufnahmen, der Musik und dem fundierten, menschliches Porträt der Indianer tief beeindruckt.

 

WS:      Ihre erste Begegnung mit dem Theater?

JW:  Show Boat. Das Musical von Oscar Hammerstein habe ich mit meiner Tante erstmals im Theater Bielefeld gesehen. Ich habe noch das großartige Bühnenbild und die mitreißende Musik in Erinnerung. Das war so um 1967/1968 … Lange her!

 

WS:      liebste Theater-Autoren?

JW:  Shakespeare  und  Kleist waren schon großartige Theaterautoren.

 

WS:      liebstes Theater-Stück?

JW:  Hier unbedingt „Carmen“ von Georges Bizet. Freiheit und Selbstbestimmung – diese Prinzipien verkörpert und lebt Carmen. Das gefällt mir. Doch nicht zuletzt wegen der spannungsgeladenen und farbenreichen Musik Bizets entwickelte sich Carmen zu Recht zu einer der meistgespielten Opern überhaupt.

 

WS:      die sympathischste Frauenrolle?

JW:  Dann natürlich die Carmen!

 

WS:      die fieseste Männerrolle?

JW:  Anthony Hopkins als Hannibal Lector im Film „Das Schweigen der Lämmer“.

 

WS:      Gibt es ein Stück / eine Inszenierung, die Sie unbedingt mal sehen wollen?

JW:  Ja, unbedingt einmal die „Meistersinger von Nürnberg“. Die Idee fasziniert: Wagners erfundenes Nürnberg ist ein Ort der Kunst und der Künstler. Die Künstler drohen in der Bewahrung der großen Tradi­tionen zu erstarren, aber zum Glück erkennen sie ihre Chance, als das Neue an die Tore pocht. Auch für die Meistersinger gilt also genau das, was für unser Theater gilt: Tradition ist fortwährende Erneuerung.

 

WS:      Welche Schauspieler/innen / Sänger/innen möchten Sie mal „live“ erleben?

JW:  Ich folge da meinem Lieblingsfilm! Kevin Costner finde ich sehr authentisch und überzeugend. Ein großer Schauspieler mit Mut für ungewöhnliche Rollen.

 

WS:      Ihr schönstes Theater-Erlebnis der letzten 12 Monate:

JW:  Mit „Salome“ von Richard Strauss setzte das Musiktheaterensemble zu Beginn des Jahres einen ganz besonderen Akzent. James Tolksdorf gelang mit dem Jochanaan ein fulminantes Rollendebüt, Susanne Serfling war in der Mammutrolle der Salome großartig.

 

WS:    Ihr größtes Theater-Ärgernis der letzten 12 Monate:

JW:  Dazu fällt mir wirklich nichts ein.

 

WS:      Bleibt – neben dem Theater – noch Zeit für andere Hobbys?

JW:  Nein, leider nicht. Mein erster „Job“ als Vizepräsident des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe fordert mich schon sehr. Was dann bleibt, ist ein wenig Zeit für die Familie.

 

WS:      Was wollen Sie unbedingt noch loswerden?

JW:  Das Landestheater ist eine unverzichtbare Institution in der kulturellen Landschaft Lippes und darüber hinaus! Es ist sinnvoll und bereichernd, sich für dieses Juwel vor unserer Haustür zu engagieren. Über 600 Theaterfreundinnen und Theaterfreunde machen das schon. Es wäre schön, wenn wir noch mehr Mitglieder für diese Idee gewinnen könnten.

 

WS:    Ein Appell, dem ich mich gerne anschließe, liebe Leserinnen, liebe Leser: Mit einem  Klick hierher   können Sie ganz schnell Mitglied werden .... nachdem Sie  hier  noch mehr über die „Theaterfreunde“ erfahren haben.