Ältere Theaterkritiken

Publikums-Verarschung

Rainald Goetz' "Jeff Koons" in Hamburg und Bielefeld

Jetzt hat er also den Büchnerpreis bekommen, den wichtigsten deutschen Literaturpreis, dieser Rainald Goetz, jener Spinner, der sich einst dadurch Aufmerksamkeit verschafft hatte, dass er sich beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb die Stirn aufgeschnitten hat (für den Preis hat das allerdings nicht gelangt). Ich habe mich um 2000/2001 intensiver mit ihm befasst, habe damals sein Stück „Jeff Koons“ gelesen und in Hamburg und Bielefeld gesehen. Mein Urteil damals: der verarscht sein Publikum – wofür ich starke Indizien hatte. – Allerdings fand ich in seinem Werk auch einzelne Perlen sprachlicher Brillanz, und ein beachtliches Talent zu scharfblickender und scharfzüngiger Satire ...

 

Dennoch mein Gesamturteil: Es lohnt sich nicht, mehr von ihm zu lesen. Nach nunmehr 15 Jahren, anlässlich der Preisverleihung: man kann seine (Vor-)Urteile ja mal überprüfen! Ich hab‘ mir jetzt seinen Roman „Johann Holtrop“ (2012) gekauft. ... Doch vorerst hab‘ ich meinen alten Kommentar zu „Jeff Koons“ noch mal herausgekramt: „Publikums-Verarschung

 

 

 

 

 

Jon Fosse - Theaterfeind oder Theatergenie ?

Um die Jahrtausendwende tauchte der norwegische Stückeschreiber Jon Fosse wie ein Komet am deutschen Theaterhimmel auf: er schien aus dem Nichts zu kommen und erreichte ganz schnell den Zenit. Seine Stücke wurden landauf-landab gespielt (in Detmold und Paderborn, in Bochum und Bielefeld ....) und allüberall hoch gelobt. Ich habe das nie verstanden; ich fand seine Sprache öde, zu Kommunikation nicht fähig; seine Stücke banal und langweilig (ein englischer Kritiker meinte einst, der norwegische Vorname Jon klinge wie das englische yawn – gähnen!). „Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schreiben“ war sein Motto, und genau so klangen seine Texte!

 

Ich hatte zwei Thesen zum Theater-Phänomen Fosse:

 

  1. Fosse hätte durchaus gute Theatertexte schreiben können (als Beweis dafür diente mir eine Szene in seinem Stück „Der Name“) – aber er wollte nicht (was ich als Beleg für sein Können nahm, bezeichnete er selbst später als „Betriebsunfall“). Denn er bekannte ausdrücklich, das Publikum zu verachten, das nur ins Theater geht, um „sich selbst als bessere Menschen auszustellen“; denen einen Nicht-Text hinzurotzen, musste für den Theater-Hasser Fosse ein Vergnügen sein!  
     
  2. Noch größer war sein Vergnügen womöglich daran, dass dieses verachtete Publikum seine Machwerke auch noch toll fanden So toll, wie die bornierten Höflinge in Andersens Märchen die Kleider des nackten Kaisers fanden ... (mehr dazu in „Winter – Vier Versuche, sich einem schwierigen Erfolgsstück anzunähern“).

 

Um auf den Kometen zurückzukommen: Inzwischen ist Fosse kometengleich auch wieder verschwunden und macht allenfalls noch Schlagzeilen, wenn er erklärt, sich vom Theaterbetrieb zurückziehen zu wollen.