Eine Komödie der Irrungen

Landestheater Detmold

Was Ihr wollt - Komödie von William Shakespeare

                                                .    

 

Übersetzung:          August Wilhelm Schlegel

Inszenierung:         Joachim Ruczynski

Bühnenbild:            Michael Engel

Kostüme:                 Angela C. Schuett

Dramaturgie:           Bettina Ruczynski

 

 

 

Joachim Ruczynski war - ein paar Tage vor der Premiere - sichtlich skeptisch: dieses Verwirrspiel zwischen Verliebten ... der Detmolder Oberspielleiter bezweifelt, ob es am Ende auch wirklich die "Richtigen" sind, die sich jeweils kriegen.

 

Joachim Ruczynski war hörbar begeistert: er liebt diese Komödie, die den krönenden Abschluss einer Reihe ähnlicher Lustspiele bildet und gleichzeitig schon die kommenden großen Tragödien erahnen lässt. Es ist ja auch eine tolle Story: Der Herzog von Illyrien liebt die Gräfin Olivia; diese liebt den hübschen Jüngling Cesario. Unter Cesarios Männerkleidern versteckt sich aber eine Frau, Viola, die verirrte Schiffbrüchige. Und diese wiederum liebt - nun, wen wohl? - den Herzog. Das gute alte Dreiecksverhältnis in Perfektion! Shakespeare löst das Dilemma, indem er Violas Zwillingsbruder auftauchen lässt, den Olivia gerne als Ersatz für Viola/Cesario nimmt. Und des Herzogs ohnehin ausgeprägte Sympathie für Cesario wandelt sich problemlos in Liebe, als er erst Viola in Frauenkleidern sieht. Happy end! Dazu dann noch die Parallelhandlung: mit den versoffenen, immer für einen derben Scherz bereiten Junkern, der komödiantisch-intrigant-schlauen Kammerjungfer (Jungfer?) Maria und dem fröhlich-weisen Clown Feste.

 

Ruczynski hat den verschiedenen Aspekten dieses vielschichten Stücks ihren Raum gelassen: Da ist die Verwechslungskomödie als Hauptstrang. Häufig lässt man die Zwillinge Viola und Sebastian von einer Darstellerin spielen (was am Schluss zu Problemen führt, wie kürzlich in Düsseldorf). In Detmold hat man mit Ulf Richter und der famosen Sabine Urban zwei Personen von hinreichender Ähnlichkeit, so dass mit etwas kosmetischer Nachhilfe die Verwechslung (fast) glaubhaft ist.

 

Dazwischen die Rüpel-Szenen, die hier wunderbar die Balance halten zwischen Klamauk und Melancholie (auch dank der Schauspieler, von denen nur J. Roth als Tobias und M. Hottgenroth als Narr hervorgehoben seien). Und da ist schließlich noch die lächerlich-tragische Gestalt des Malvolio, dessen Aufgeblasenheit umkippt in das (fast schon peinlich-elendigliche) Gejammer des tief Gefallenen - für das Detmolder Stammpublikum ein erfreuliches Wiedersehen mit dem früheren Ensemblemitglied M. Ohnoutka.

 

Das Bühnenbild verzichtet bei aller shakespeare-gerechten Schlichtheit nicht auf den einen oder anderen engeltypischen Geniestreich: Was wäre Malvolios Monolog ohne die herrlichen Klappen, hinter denen sich die Säuferbande verbirgt?

 

"Mir muss man jeden Strich mühsam abringen", hatte Joachim Ruczynski vor der Premiere behauptet. Man war dann schon etwas enttäuscht, wie viel von Shakespeares tollem Text bei der Aufführung fehlte. Widerwillig akzeptiert man dann aber die Notwendigkeit von Kürzungen. So blieben gut zwei-ein-halb Stunden vergnüglichen Theatererlebens. Wobei noch Zeit blieb für eine spannende Zeitlupenaufnahme einer Kampfszene - und für ein knappes Dutzend "Was ihr wollt", die unauffällig wenn auch shakespeare/schlegel-widrig in den Text eingestreut wurden.

 

Man hat - nicht zuletzt aus Kostengründen - darauf verzichtet, eine der famosen neueren Übersetzungen zu verwenden, sondern hat auf den (lizenzfreien) Klassiker von Schlegel zurückgegriffen. Erstaunlicherweise trägt dieser Text auch heute noch (obwohl sich Ruczynski/Ruzczynski natürlich einige Modernisierungen geleistet haben - oder auch ein Zurück zur Quelle: Shakespeares derbes Buchstabenspiel mit "C", "U", "T", das Schlegel harmlos unübersetzt stehen liess, wird hier sinngemäß ins Deutsche übertragen: "V", "O", "Z" ...). Und mancher Zuschauer würde sich wundern, dass schon bei Shakespeare stand, was er als aktuelle Anspielung belachte: "Ich bin ein großer Rindfleischesser - und das ist mir auf's Gehirn geschlagen".

 

(Theater pur 2001/05, S. 32)