Paderborner Patent-Premiere

Kammerspiele Paderborn:

Was Ihr wollt – Stück von William Shakespeare

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Übersetzung:                      A. W. Schlegel

Bearbeitung & Regie:      Tobias Krechel

Ausstattung:                       Stefan A. Schulz

 

Ein Patentrezept für die erfolgreiche Spielzeit-Eröffnung (nicht nur) eines kleinen Stadttheaters? Die Kammerspiele machen‘s vor. Man nehme: eine herrlich-geniale Shakespeare-Komödie, eine Horde spielfreudiger Mimen und einen Regisseur, der so nah am Originaltext spielen lässt wie möglich und so viele gute eigene Ideen einbringt, wie für eine spannende Inszenierung nötig. Und das auf einer shakespeare-gerecht schlichten Bühne, die aber ihren eigenen Charakter bekommt durch einen einfachen schrägen Laufsteg.

 

Auf diesem Laufsteg treffen sich all die gewöhnlichen, ungewöhnlichen, typischen, skurrilen Shakespeare-Figuren. Herzog Orsino als narzisstischer Pop-Fan (Joerg Bitterich), Gräfin Olivia, von einer wunderbaren Antonia Mohr mehr liebestoll als trauernd/liebeskrank gegeben. Die verwechselten Zwillinge tragen die Erinnerung an ihren Schiffbruch in Form eines transparenten Koffers mit Wasser samt hungrigem Fisch mit sich herum (Philip Grüneberg: männlich-forsch; Tini Prüfert: mädchenhaft schwärmerisch und aller Männerverkleidung zum Trotz weiblich-attraktiv). Willi Hagemeier als Malvolio: Sein grimmig-entschlossenes „Ich werde lächeln“ und sein herrlich-albernes Aussehen in gelber Glitzerhose und bunter Popbrille lohnen allein schon den Besuch! Und dann die Clowns: Ein überzeugender Urban Luig als philosophischer Säufer Tobias, Rainer Hustedt als genial-blöder Bleichenwang, Angela Eickhoff als frech-verführerisches Kammermädchen. Der Narr ist hier weiblich (Amelie Leipprand) und seltsam-mysteriös: In elegant-dunklem Hosenanzug verfolgt sie das Treiben ihrer Kumpane distanziert und macht sich geheimnisvolle Notizen …

 

Der Text der Paderborner Fassung basiert zwar auf der Schlegel-Übersetzung, ist aber erfreulich modernisiert, angereichert mit Jargon („Bleichi, mach kein‘ Scheiß“) und mit witzigen Wortspielen („versteck dich mutig hinter dem f(F)eigen Baum“). Der Kanon der Rüpel wird vielsprachig zu Gehör gebracht: von Englisch bis Ki-Suaheli.

 

Wie wir es von Shakespeare kennen: Auf all die Verwechslungen und Verwicklungen folgt das Happy End. Nach einer Zeitlupen-Pantomime (grandios: Tini Prüfert) finden sich alle als glückliche Paare. Fast alle. Dem tragisch-lächerlichen Malvolio lässt der rätselhafte Narr eine Henkersschlinge zukommen. Musste das wirklich sein, Herr Krechel? Dafür findet – der bei Shakespeare arg vernachlässigte – Antonio auch mal sein Glück. Das neue deutsche Partnerschaftsrecht scheint auch in Illyrien zu gelten. Antonio darf endlich zu seinem Schwulsein stehen und sich mit Curio zusammentun. Herzlichen Glückwunsch!

(Theater pur, 2001/10, S. 39)