g.wasa     -     Detmold.     -     Irgendjemand hat diese teils witzig-funkelnde, teils schwachsinnig-alberne Komödie „falscher Hase“ mit dem absurden Theater von Ionesco verglichen. Oder war’s  Beckett?. Egal – beide können sich nicht (mehr) dagegen verwahren.

Zunächst klingt die Geschichte alltäglich: ein junger Polizist sucht – halb dienstlich, halb privat - seine Nachbarin auf, eine ältere Dame, und versucht sie davon abzubringen, sich regelmäßig mit haltlosen Anschuldigungen an den Polizei-Notruf zu wenden. Doch jetzt beginnt ein geradezu feuerwerksartiges Hin und Her, ein furioses Pingpong von Argumenten, Verdächtigungen, Anschuldigungen, Verteidigungen und Gegenanschuldigungen …

Vor allem SIE – Frau Reiners, Elisabeth, Lizzy – handhabt souverän ein Arsenal von rhetorischen Tricks, fiesen Psycho-Techniken und hinterhältigen Manipulationsstrategien – eine Paraderolle für Kerstin Klinder! Es ist wirklich ein bodenloses Vergnügen, sie und ihrem kongenialen Partner Hartmut Jonas bei diesem teuflischen Psycho-Tango zuzusehen!

Leider hat das Stück einen gravierenden Mangel: es dauert zu lange! Wäre nach 45 Minuten Schluss gewesen – man wäre zufrieden herausgekommen! Aber dann kann der Autor das Niveau nicht mehr halten. Man hat den Eindruck, er müsse sich krampfhaft bemühen, die Geschichte auf ein neues Level zu wuchten. Zunächst, indem er den Polizisten eine unsägliche Geschichte über einen verkorksten Einsatz erzählen lässt, die nichts mit Frau Reiners und ihren Problemen (Problemen?) zu tun hat.

An dieser Stelle fällt auf, dass die Inszenierung wohl auch einen Regisseur hat. Oder wer sonst zwingt den Polizisten-Darsteller, während seiner Erzählung gegen einen eine Art Luftschlangen ausblasenden Ventilator anzureden / anzuhusten / anzuspucken?

Völlig blödsinnig wird’s schließlich mit der Geschichte von der Entführung durch Außerirdische. Da darf man sich dann fragen, ob nun wohl Sie Ihn oder Er Sie oder ob die beiden Bajuranisch Parlierenden sich gegenseitig verarschen. Im Übrigen sehnt man nur noch das Ende herbei. Der – ehrlich gesagt: nicht ganz unerwartete – Überraschungsgast am Schluss kann da auch nichts mehr retten.

Fazit: Wenn Sie die Darstellungskunst von Jonas lieben, erst recht wenn Sie ein Fan von Frau Klinder sind – dann sollten Sie unbedingt hingehen. Vielleicht hat ja das Landestheater ein Einsehen und unterbricht die Aufführung durch eine Pause. Dann können Sie die zweite Hälfte unauffällig schwänzen.

PS: Ja, ja ich weiß: meine Vorstellung, dass nur kulturlose Flegel in geschlossenen Räumen ihre Kopfbedeckung aufbehalten, ist hoffnungslos altmodisch. Mindestens seit Till Eulenspiegel tragen Narren ihre Kappen auch drinnen; und spätestens seit Heinz Becker kennen wir die Deppen-Mütze in der guten Stube. Offenbar müssen wir hinnehmen, dass neben Narren und Deppen auch Leute ihren Hut aufbehalten, die sich einbilden, damit ihr Künstler-Sein demonstrieren zu können („Ha! Ich!! Auf den Spuren von Beuys!!!“?). Aber dass sich ein Regisseur auf die Bühne stellt, um sich vor seinem Publikum zu verneigen - und nicht mal dazu wenigstens kurz die Mütze zieht – daran werde ich mich wohl nie gewöhnen. 

Landestheater Detmold, Grabbe-Haus: