Köstlichkeiten (nicht nur) aus dem Repertoire

Vielversprechende Vorschau bei der Landestheater-/Sparkassen-Matinee

Die Aktricen und Akteure beim Schluss-Applaus ..... ..... aber so weit sind wir noch lange nicht!

Große Literatur – fulminant dargeboten

 

 

Seh' ich einen Prachtbock,

… Sitz' ich auch schon rittlings droben,
… Hui! da hebt er an zu toben,
Springt, pardauz, auf alle Viere, …
Daß ich Dolch und Scheid' verliere,
Stemmt 's Gestäng' mir an die Waden,
Klemmt mich ein wie mit 'ner Zang', –
Und so stürmt er, wutgeladen,
Auf dem Gendingrat entlang!

 

 

 

 

hast Du den Gendingrat einmal gesehn?
Etwa eine Meile lang

Läuft er hin, in Sensenbreite.

Über Gletscher, Schnee hinab,

Über Sand, Geröll, Moränen,

Sieht Dein Aug' auf jeder Seite
Stumme, schwarze Wasser gähnen,
Zwanzigtausend Fuß bergab.

Dort lang stoben pfeilgeschwind

Er und ich durch Wetter und Wind!


 

 

 

… Adlerrücken schwammen braun
In dem schwindeltiefen Graun
…. Da stößt dicht vor uns ein Schneehuhn auf,
… Meinem Bock, bums! vor die Lichter.
Der verändert jach den Lauf –
Und mit einem Riesensatze
Nieder in den Höllentrichter!  
Über uns die schwarze Bergwand.

 

 

 

Unten bodenlose Schlucht.

Erst durch zersplissne Nebelschichten
Und sodann durch einen dichten
Schwarm von Möwen, die, durchschnitten,
Kreischend auseinanderstritten, –
Nieder, nieder, nieder sauste es.
Aber aus der Tiefe grauste es
Weiß wie eine Renntierbrust. –


 

 

 

 

… das war unser eigen
Bild, das aus des Bergsees Schweigen
Tief vom Grund zum Spiegel eilte,
Umgekehrt, wie unser Sturz
Lotrecht auf ihn nieder pfeilte.

Bock vom Berge, Bock vom Grunde
Stieß zur selbigen Sekunde!
Das Gespritz' und das Geklatsche!
Na, da lag man in der Patsche. –


 


 

Welch großartiges Stück Literatur! Dieses Jägerlatein, diese Lügengeschichte, mit welcher der un(?)sympathische Tu-nicht-gut Peer Gynt mal wieder seine (ihn liebende / an ihm verzweifelnde) Mutter bezirzt.

 

Große Literatur also! Und doch – was ist eine Seite im Reclam-Heft gegen die Darstellung dieser Szene auf der Bühne? Was ist die Wiedergabe auf Projekt-Gutenberg.org gegen das Agieren eines begabten Schauspielers?

 

Oder einer Schauspielerin?!

 

Magdalena Weiß stellt sich mit ihrem furiosen Peer-Gynt-Auftritt dem Publikum vor – so, wie es die Tradition am Detmolder Landestheater will:

 

Sparkassen-Matinee 2023

Mit der „Sparkassen-Matinee“, einer der beliebtesten Detmolder Theaterveranstaltungen, gibt das Landestheater zu Beginn jeder Saison einen Ausblick auf die kommende Spielzeit. Die „Neuen“ haben dabei Gelegenheit, sich schon mal der Öffentlichkeit zu präsentieren. Auch dieses Jahr gab’s wieder ein ganzes Menü an kleineren und größeren literarisch-theatralisch-musikalischen Leckerbissen (s. u.).

 

Begrüßung im Regen: Andreas Trotz (Sparkasse), Georg Heckel (Intendant)

Ausnahmsweise fand diesmal die Matinee nicht in der Halle der namengebenden Sparkasse statt, sondern im Rahmen der „Schlossfestspiele“ im Schlosspark, unter freiem Himmel – was den hübschen Anblick vieler bunter Regenschirme zur Folge hatte. Aber nicht lange – bald konnten die Schirme zugeklappt werden und gaben den Blick frei auf die repräsentative Kulisse des Detmolder Schlosses.

 

Zur Preisverleihung wurd's trocken: G. Heckel (Intendant), Jürgen Wannhoff (Theaterfreunde), M. Giesdorf (Landeszeitung)

Theaterpreise 2023

Die Preisträger*innen:

 

      .        

Ein zentraler Programmpunkt war die Vergabe des diesjährigen Theaterpreises in mehreren Kategorien. Landrat Dr. Axel Lehmann würdigte zu Beginn besonders „die jungen Künstler*innen, die sonst nicht so im Rampenlicht stehen wie die Darsteller im Großen Haus“. Ausgezeichnet wurde – in Abwesenheit - die junge Sopranistin Stephanie Hershaw, die „sich im Opernstudio allmählich an die Spitze gearbeitet hat“ (Heckel), und die heute von ihrer Liedertournee durch Süditalien grüßen lässt. Als weitere Preisträger hat des Landestheater-Publikum u. a. ausgewählt: Mirea Mauriello (die etwa als Lisbeth im „Kalten Herz“ bezaubert hat) und Patrick Hellenbrand (Super-Hauke und Bilderbuch-Baumarktsleiter im „Hammer“ – nur zum Beispiel) sowie Emily Dorn (tragende Säule – oder klingt das uncharmant? – im Musiktheater, zuletzt etwa als Donna Elvira oder Frau Luna).  

Emily Dorn (rechts) als "Frau Luna" ......................................... Patrick Hellenbrand (rechts) als Baumarkt-Fuzzi

Literarisch-theatralisch-musikalische Leckerbissen

Eine kleine, unvollständige Auswahl aus dem Menü, mit dem das Landestheater seine Matinee-Gäste verwöhnte:

 

 

 

 

Nicht ganz einfach, sich gegen die Petra Gynt durchzusetzen. Doch Anne-Kristin Schiffmann schafft es mit ihrer „Performance mit roter Tasche“ (deren Quelle mir leider unbekannt ist – das hätte besser angekündigt werden können!)

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Eine Warnung vor allzu großer Hektik im Alltag? Daniel Gwons Arie aus dem „Barbier von Sevilla“:

 

 

 

 

 

Figaro hier, Figaro dort

„ … Figaro qua, Figaro là, Figaro qua, Figaro là
Figaro su, Figaro giù, Figaro su, Figaro giù   …“

 

Hanns Eisler hat den Song komponiert, mit dem Paul Enev für Nachdenklichkeit sorgt: Um die 100 Jahre alt ist Brechts Ballade von der Klage des Pferdes Fallada. Doch wie aktuell ist diese Geschichte von den ehemals so freundlichen Leuten, die jetzt das gestürzte Pferd zerfleischen in ihrer Gier nach einem Pfündlein Fleisch?

 

Einst mir so freundlich und mir so feindlich heute!
Plötzlich waren sie wie ausgewechselt!

Ach, was war mit ihnen geschehen?

Da fragte ich mich: Was für eine Kälte
Muß über die Leute gekommen sein!
Wer schlägt da so auf sie ein
Daß sie jetzt so durch und durch erkaltet?
So helft ihnen doch! Und tut das in Bälde!
Sonst passiert euch etwas,

was ihr nicht für möglich haltet!

 

Noch ein Höhepunkt: „Was ihr wollt“

 

Als ob ich nicht schon seit der ersten Ankündigung ganz wild auf Shakespeares geniale Komödie „Was ihr wollt“ gewesen wäre! – Jetzt gibt’s auch noch einen Appetithappen, und zwar gleich meine Lieblings-Szene: den Dialog, in dem Orsino (Aom Flury) dem vermeintlichen Cesario (Stella Hanheide) sein Liebesleid klagt, während gleichzeitig Viola (=Cesario) ihm ihre Liebe gesteht - eine der sprachlich schönsten und zugleich inhaltlich raffiniertesten Szenen aus Shakespeares Œuvre (s. Textauszug in unserer 

             Vorankündigung).

 

 

Das Dessert – natürlich von der Köchin

Zum heiteren Abschluss gibt’s noch eine fast schon kabarettistische Nummer mit Brigitte Bauma:

 

... Ich koche gern, ich koche gut – was halt a Köchin kochen tut

Aber ich koch nur mit Gesang …

Ich singe im Brummbass, ich sing in die Höh

Und schwinge den Schweinskopf mit Du-li-öh! ...

 

Demnächst hat im Landestheater Paul Burkhards musikalische Komödie "Das Feuerwerk" Premiere: Ein Familientreffen wo brave und wohlsituierte Spießbürger mit dem schwarzen Schaf der Familie aus dem Zirkusmilieu aufeinandertreffen. Brigitte Bauma stand (u. a. wegen ihren Verpflichtungen für den Betriebsrat) allzu lange allzu selten auf der Bühne. Dass sie jetzt die  Köchin Kati spielt, ist eine erfreuliche Nachricht.