„Ein zeitgenössischer phantastischer Thriller“:

Romeo und Julia demnächst am Landestheater Detmold

(Foto: UN)

Deutschland steht auf Platz fünf der weltweit größten Waffenexporteure (weit hinter USA und Russland, dicht hinter China und Frankreich).
(SIPRI – Friedensforschungsinstitut – 20.02.2017)

 

The “Knotted Gun” has become a worldwide symbol of the non-violence movement. "The sculpture … has enriched the consciousness  of humanity with a powerful symbol that encapsulates … the greatest prayer of man …: not for victory, but for peace"

(UN-Generalsekretär Kofi Annan)

 

g.wasa     -     Detmold     -     Die Pistole mit dem verknoteten Lauf  wurde vom schwedischen Bildhauer Carl Fredrik Reuterswärd anlässlich des gewaltsamen Todes von John Lennon geschaffen; seit 1988 steht sie vor dem UN-Hauptquartier in New York. Während der folgenden Jahre galt sie als Symbol für Gewaltlosigkeit und weltweiten Frieden. Mit Recht?

 

Zumindest in (Mittel-) Europa durfte man um 1990 – nach dem Fall des Eisernen Vorhanges – auf eine langanhaltende Friedensepoche hoffen.

 

Man kann also Martin Pfaff, Schauspieldirektor des Landestheaters Detmold, verstehen, wenn er darüber nachdenkt, wie er damals „Romeo und Julia“ inszeniert hätte – dieses Stück, das bis heute wie kein zweites das Theaterpublikum der „Liebesgeschichte zweier Menschen“ aussetzt, einer Liebesgeschichte, die „umso berührender“ ist, je brutaler das Umfeld dieser jungen Leute erscheint (Pfaff).

 

Romeo, Julia sowie Gewalt, Macht und Sex

(Abb.: Landestheater/Hahn)

Denn tatsächlich agieren die Liebenden ja vor einem gesellschaftlichen Hintergrund, der geprägt ist „von Gewalt, Macht und Sex“, wie Dramaturgin Marie Johannsen konstatiert, die dieses harsche Urteil auch gleich aus Shakespeares Text heraus begründet: sich bekriegende Familien-Clans, mit geradezu mafiosen Strukturen, weitgehend straflos bleibender Mord und Totschlag auf offener Straße … Die Zwangsverheiratung Minderjähriger ist da kein Aufreger sondern gängige Praxis.

 

Hätte ich dieses Stück damals inszenieren müssen“, überlegt Pfaff mit Blick auf die Nach-Wende-Epoche, „hätte ich gedacht: das hat nichts mit unserer Zeit zu tun und hätte es vielleicht in den Nahen Osten verlegt, in die Auseinandersetzung zwischen Israelis und Palästinenser“ (diesen Konflikt hatte übrigens Ende der 40er Jahre der Musical-Produzent Jerome Robbins im Auge, als er Leonard Bernstein eine Modernisierung des Romeo-und-Julia-Stoffes vorschlug; der hat dann allerdings anstatt der „East Side-“ eine „West Side Story“ geschaffen).

 

Im Jahr 2017 muss Pfaff nun erkennen: „Das ist ein total heutiges Stück“: Nach den politischen Umwälzungen der letzten Jahre, angesichts der Erosion von – als quasi sicher geglaubten – Werten wie Aufklärung, Diskurs, Geduld, Toleranz; nach dem Wiederaufleben eines fast mittelalterlichen Faustrechts, dem Wieder- „Aufschäumen der Barbarei“ auch in Europa – da passt „Romeo und Julia“ (wieder) in die Zeit, in unsere Zeit:

 

Einmal mehr zeigt sich, dass ein Gesellschaftsbild, welches das Genie aus Stratford upon Avon vor 400 Jahren gemalt hat, auch heute noch (wieder) das passende Ambiente für einen zeitgenössischen „phantastischen Thriller“ (Johannsen) liefern kann. 

 

What a wonderful world

Das Detmolder Team versucht in seiner Inszenierung, beidem gerecht zu werden: der berührenden tragischen Liebesgeschichte, die der begnadete Dichter Shakespeare geschaffen hat (Pfaff: „Ein Text, eine Sprache, die wie ein Trampolin zum Hochspringen herausfordern“), aber auch dem schwierigen politischen Umfeld, das aus dem London um 1600 / dem Verona des 14. Jahrhunderts ins globalisierte Heute geholt wird – unter anderem durch „Anleihen bei der heutigen Politik“, die Bühnen- und Kostümbildner Mathias Rümmler ankündigt. 

 

Man darf mit Überraschungen rechnen!

 

Da wird wohl das Outfit des Fürsten so manchem Theaterbesucher – je nach persönlicher Einstellung – ein wohlgefälliges oder ein zynisches Lächeln entlocken. Lady Capulet – Julias Mutter, die man sich bisher als würdige Matrone vorstellen durfte – taucht hier als jugendliche Stiefmutter auf: das jüngere Modell (Model), das sich Papa Tycoon gegönnt hat. Wenn man die sieht, möchte man eine andere Shakespeare-Figur zitieren (wofür wir – angesichts des inflationären Gebrauchs des Wortes „wonderful“ in zeitgenössischen politischen Verlautbarungen -  eine ins Gegenwarts-Englisch übertragene Version verwenden):

 

“How many wonderful creatures there are here! Mankind is so beautiful! Oh, what a wonderful new world, that has such people in it!” (Shakespeare: Tempest, V 1).

 

 

 

Landestheater Detmold:

 

Romeo und Julia

Tragödie von William Shakespeare

 

  • Inszenierung:   Martin Pfaff
  • Ausstattung:   Mathias Rümmler
  • Dramaturgie:   Marie Johannsen
  • Romeo:   Lukas Schrenk
  • Julia:   Nicola Schubert
  • Mercutio/ Apotheker:   Hubertus Brandt
  • Benvolio:   Hartmut Jonas
  • Lady Capulet, Stiefmutter von Julia:   Marie Luisa Kerkhoff
  • Capulet, Vater von Julia:   Holger Teßmann
  • Amme von Julia / Fürst von Verona:   Kerstin Klinder
  • Bruder Lorenzo:   Jürgen Roth
  • Tybalt/ Graf Paris:   Stephan Clemens

 

Premiere: Fr. 22. Sep 2017 Detmold, Landestheater

Di. 26. Sep 2017 Wolfsburg, Theater

Do.28. Sep Detmold, Landestheater

Sa.30. Sep Detmold, Landestheater

Mi.11. Okt 2017  Hagen, Theater

Do.19. Okt 2017   Detmold, Landestheater

Sa.21. Okt 2017  Detmold, Landestheater

So.22. Okt 2017   Detmold, Landestheater

Do.26. Okt 2017   Detmold, Landestheater

Mi.29. Nov 2017  Detmold, Landestheater

Sa.09. Dez 2017   Detmold, Landestheater

Fr.15. Dez 2017    Detmold, Landestheater

Sa.30. Dez 2017   Detmold, Landestheater

So.04. Mär 2018   Bad Bevensen, Kurhaus

Mi.18. Apr 2018   Detmold, Landestheater

Sa.28. Apr 2018   Monheim, Aula am Berliner Ring

Do.28. Jun 2018   Wetzlar, Rosengärtchen